zurück zu Mödling heute
zurück zu Breite Föhre
Sagen aus Mödling
Quelle: Aus dem Heimatbuch für den Bezirk Mödling 1958
Herausgeber: Bezirksmuseumsverein
Wie der Bock die Trauben fand
Einem Hüterbub war der Ziegenbock davongelaufen. Nach langem Suchen fand er ihn unter einem Strauch schlafend. Das Tier war ganz "wampert" und rauschig und ein paar Beeren klebten an seinem Maul. Der Hirt fand in der Staude noch mehr so köstliche Beeren und trug sie heim. Seit der Zeit pflanzt man bei uns Weinstöcke, die der Bock entdeckt hat.
Zur Lesezeit aber schmückten die Hauer den "Weinberbock" und trugen ihn zum feierlichen Dankgottesdienst in die Kirche.
Wie ein Geißbock einen großen Schatz auffand
Die Sage berichtet, die Ordensleute der Templer hatten auch in Mödling ein Haus, aber keine Kirche.
Da fiel es einem Bruder auf, dass vor dem Gebäude täglich ein Bock an einer bestimmten Stelle grub und scharrte, bis ein großes Loch entstand.
Eines Tages kam das Tier nicht mehr, in der Tiefe aber entdeckte man eine Kiste. Als man sie öffnete, gleißte und glänzte es von Gold, Silber und Edelstein.
Aus dem Erlös des Schatzes erbauten die Templer eine Kirche und ließen zur Erinnerung an die Begebenheit an der Südmauer eine rote Marmortafel anbringen, auf der ein Wappen und zwei Geißböcke abgebildet sind.
Noch heute ist die Tafel an einem Pfeiler der Othmarkirche zu sehen. Die Sage vom Bock mit dem Schatz ist eine Wandersage, die hier zur Deutung des Grabsteines benutzt wurde. Die Inschrift lautet:
Begraben liegt hier der
Edle Sewastian Oberndorfer
zu geißberg,
k. k. Tierhitter,
der gestorben ist am Erchtag
zu pfingstfeiertagen 1547
Der Bock, auch die Geiß, steht seit uralten Zeiten in Zusammenhang mit dem Weinbau, Fäden spinnen sich zum Dionysoskult der Griechen. Ehedem stellte die Ziege oder der Bock den Gott selbst dar. Später, als die Götter menschliche Gestalt annahmen, wurde ihre einstige tierische Hülle zum Opfer an sie.
Die Anhänger Dionysos rissen eine Ziege in Stücke und genossen sie in der Meinung, des Leibes und Blutes der Gottheit teilhaftig zu werden.
Der Volksbrauch, zur Weinlese die "Weinbergoas" zu schmücken, erinnert an das alte Opfer der Speisegötzen,
die Gottheit und Opfer zugleich waren und am Schlusse des Festes zerpflügt und verzehrt wurden.
Der Wein, "der selige Wucher, den Gott gibt," forderte oft in den Kellern sein Opfer, noch ehe er es wurde.
Der Seelenwind von St. Othmar
Vor Zeiten befand sich auch an der Othmarkirche ein Friedhof, von Mauern umgeben. Aber auf ihm begrub man nur die wohlhabenden Bürger, die Leichname der Armen wurden auf dem Friedhofe zu St. Martin beerdigt.
Noch heute streift längs der Kirchenmauern kühler Windhauch und treibt oft dürre Blätter in seltsamen Kreisen zwischen Kirche und Karner. Das sind die Seelen jener Reichen, die hier einst ruhten und im Leben nicht den Weg zu Gott fanden. Sehnsuchtgetrieben suchen sie ihn nun und harren an der Kirchentür mit leichtem Wehklagen. Um Mitternacht aber öffnet sich das Tor und die Gottsuchenden ziehen zum Tabernakel. Licht strahlt auf, die Orgel erbraust, und "Herr erbarme dich unser!" erklingt es. Eine Stunde ist ihnen vergönnt. Dann werden sie wieder verbannt und umziehen Kirche und Glockenturm in leisen Schauern.
Der Wind spielt im alten Seelenmythos eine große Rolle. So wird oft der Allerseelenwind erwähnt, und noch heute füttert man in entlegenen Alpentälern zuweilen den Wind mit Mehl, das man auf ein Schüsselchen streut.
Die Sage vom nächtlichen Gottesdienst der abgeschiedenen Seelen ist weitverbreitet und lässt sich bis ins
6. Jahrhundert verfolgen. Uralter Glaube und uralte Furcht offenbaren sich in ihr. Wer freiwillig oder unfreiwillig Zeuge des nächtlichen Geschehens wurde, starb bald darauf.
Die Sage von der Martinskirche
Wo heute die Josefskirche steht und sich früher die Martinskirche, die "große Pfarr in Österreich," erhob, war vor Zeiten ein dichter, wilder Wald. Inmitten einer Lichtung rieselte ein Quell und starrte ein morscher Baumstrunk zum Himmel. Da ließ sich eines Tages ein müder Wanderer am Brünnlein nieder und verzehrte ein Stücklein Brot. Der Platz gefiel ihm und der heilige Martin, denn dies war der Pilger, beschloss, hier eine Hütte zu bauen. Auch andere,
die des Weges kamen, wollten bleiben, und so entstand bald eine fromme Gemeinde. Es ist erklärlich, dass es aller Wunsch war, ein Gotteshaus zu besitzen. Sie gingen ans Werk und es erscholl da im Walde alsbald Hacken und Sägen und hub ein Graben, Bauen und Zimmern an.
Der Böse aber hatte keine Freude am Werk zu Gottes Ehr'.
Des Nachts zerstörte er, was sie am Tage geschaffen. Martin, der des Teufels Ränke durchschaute, bannte ihn eines Tages mit kräftigem Spruch. Hohnlachend gestand die Satansbrut ihr Zerstörungswerk und fügte noch allerlei Spott hinzu. "Und wenn du auch weiterbaust, frommer Gesell, wird deine Kirche arm und dürftig sein, fehlt es dir doch an Gold und Schätzen, über die ich reich verfüge. Sieh, unter dem Baumstrunk berg' ich einen Schatz, mit dessen Hilfe du ein prächtiges Bauwerk schaffen könntest. Er sei dein, wenn du es zuwege brächtest, dass der alte Baumstumpf oben wie unten in Erde stecke." Da nahm Martin, fromm und schlau zugleich, flugs einen irdenen Häfen und stülpte ihn über den Strunk.
Somit war der Höllische überlistet und verschwand dann auch mit Stank und Schwefel, den Baumrest entwurzelnd.
Da glänzte es golden im Erdreich und der Schatz verhalf zum schmucken Gotteshaus.
Als später die Türken die Martinskirche niederbrannten und man Jahre nachher die Reste beseitigte, fand man in ihren Grundmauern eingeschlossen Scherben eines irdenen Topfes.
Der Teufelskopf an der Mödlinger Spitalkirche
Von dem Sims unter dem Dach der Spitalkirche in Mödling lugt ein schwarzer Teufelskopf in die Tiefe, starr und fest ins Mauerwerk gebannt.
Es ist lange her, dass auf dem Dach des neuerbauten, schmucken Gotteshauses ein fürwitziges Teufelchen sein Nest erbaut hatte.
In die Kirche zu blicken wagte es nicht. Einmal aber erklang vom Chor her so schöne Musik, dass sie dem Teufel schier den Sinn verwirrte. Nur ein wenig lugen wollte er, wie es drinnen aussah.
Er steckte den Kopf durch die Mauerluke, da traf ihn eine Flut von Licht. In goldener Strahlenfülle quoll es von der Monstranz, die der Priester erhoben, ein Glöcklein erklang und die Menge kniete anbetend.
Von dem Licht aber drang durch Weihrauchwolken solche Kraft und Herrlichkeit, dass der Teufelssohn sich machtlos fühlte.
Fliehen wollte er vor dem, den er als Herrn erkannte. Wie er sich aber umwandte, erstarrte er zu Stein, verwuchs mit dem Mauerwerk, und sein Kopf ist noch heute zu sehen. Einen Stein zum Nestbau, den er in seinen Händen gehalten, ließ er fallen; er lag lange Zeit in der Brühlerstraße.
Zur Zeit der Romantik brachte man in Mödling viel mit dem Templerorden in Verbindung und sah auch in dem besagten Kopf ein Wahrzeichen des Ordens.
Nun ist aber ein Aufenthalt der Templer nicht verbürgt und die Deutung jedenfalls unrichtig.
Der Kopf ist höchstwahrscheinlich ein Zeichen der Baukorporation, denn im Gesimsstein nebenan sind zwei Steinmetzzeichen eingelassen. Der Historiker Schalk berichtete von einem "Teufelsstein," der von einem Haus in der Brühlerstraße herausragte und Unglück bringen sollte.
Neben der Spitalkirche stand das Pilgramhaus. Es diente Armen und Siechen zum Aufenthalt.
Der Teufelstein in der Brühlerstraße
oder
Der Grundstein des Vaterhauses
Zu der Zeit, da der Anninger noch ein wilder Forst war, streifte durch seine Wälder ein trauriger Bursche namens Konrad. Ein böser Vogt hatte ihn und seine Eltern in Bayern von Haus und Hof vertrieben. So waren sie nach Mödling gelangt und fristeten durch Taglöhner arbeit kümmerlich ihr Leben. Konrad aber liebte Gertrudis, des reichen Müllers Ottfried Töchterlein, und hätte gern um sie gefreit. Der angesehene Mödlinger Bürger jedoch wollte sein Kind nicht dem armen Burschen gönnen, obwohl das Mägdlein Konrad gut gesinnt war.
So saß das junge Blut trübsinnig auf seinem Stein, sah nicht ringsum das Grünen und Blühen und seufzte vor sich hin: "Ach, hätte ich doch wenigstens den Grundstein meines Vaterhauses hier!"
"Diesen Wunsch kann ich dir erfüllen und auch ein Stück Geld dazugeben, dass du dir ein stattliches Haus bauen kannst," ertönte eine Stimme, und vor Konrad stand ein Jägersmann in schmuckem, grünen Gewande, eine rote Spielmannfeder auf dem Hute. "Ihr braucht mir nur zum Lohn euer erstgeborenes Kind zu geben!" "Gewiss Herr, werdet ihr es doch christlich erziehen!?" "Ich gehe keine Bedingungen ein." Und damit verschwand der Grüne.
Als er zu Tal stieg, war es Konrad bang zumute. Der Himmel verdüsterte sich, dumpf grollte der Donner und unheilschwer brütete es über dem Berg. Am Abend brach das Unwetter los und wollte die Nacht nicht enden. Um die zwölfte Stunde war es, dass die Erde erbebte, und über dem Frauenstein zog es daher wie mit schwarzen Flügeln.
Wie Flammen züngelten und prasselten die Blitze. Im Pilgramhaus kämpfte ein Fremdling, der dort Herberge gesucht hatte, mit dem Tode. Der Priester wollte ihm die heilige Wegzehrung geben und schritt eben aus der Spitalskirche.
Das Glöcklein verkündete den Heiland. Da brüllte es aus dem finsteren Schatten am Himmel auf und unter Blitz und Donner fuhr ein Steinblock zur Erde.
Am Morgen trug man aus dem Pilgramhaus einen Toten. Konrad, der eben vorbei kam, erkannte mit Grauen den bösen Vogt aus Bayern, dem auf ruheloser Wanderschaft hier die letzte Stunde geschlagen hatte.
In der Brühlerstraße aber lag noch viele Jahre nachher der Teufelsstein, der Grundstein von Konrads Vaterhaus, den Satan in der Nacht fallen lassen musste, wie er des Allerheiligsten ansichtig wurde. Der reiche Müller aber ging in sich und gab seine Gertrude dem armen Konrad.
Der Teufel trieb aber auch in den Mühlen sein Unwesen.
Die Schädelmühle in der Brühl
(später Königsmühle — an der Königsmühle — genannt, da der Besitzer König hieß)
In Mödling gab es in alten Tagen viele Mühlen. Der Mödlingbach, damals noch breit und tief, trieb sie alle lustig und die Müller waren wohlbestellte Herren, denen die Arbeit nie ausging.
Da lebte einmal in der Klausenmühle ein Müller, der ein recht böses Weib hatte. Den ganzen Tag keifte und keppelte es, dass es bald mehr Lärm vollführte als das Mühlrad. Der arme reiche Müller wusste sich nicht zu helfen, hätte aber den bösen Plagegeist gerne losgehabt, der ihm das Leben so sauer machte.
In seiner Verzweiflung vergaß er sich und bat den Teufel um Hilfe. Der versprach ihm selbe auch, wenn der Müller ihm nächten die Mühle zur Verfügung stelle. Der sagte zu und der Satan holte alsbald die zänkische Müllerin.
Bald aber reute den Müller der Handel. Hatte sein Weib oft und spät getobt, war der Höllische nicht ruhiger. Alle Nacht fuhr er vor mit sechsspännigem Wagen, und ein Schimmel war unter den Rössern, der gar acht Beine hatte. Darauf saß ein unheimlicher, einäugiger Fuhrmann, der hinkte. Dieser Gesell und der Teufel trugen nun Säcke über Säcke in die Mühle, und die mahlte mit gräulichem Gepolter und Geschepper bis zum Morgengrauen. Was sie wohl mahlten, wollte der Müller wissen, versteckte sich heimlich und beobachtete, was die Gesellen in den Trichter leerten.
Das Blut erstarrte ihm schier in den Adern vor Grauen, den Totenschädel kollerten und polterten in den Mahlgang. Und zu allem hörte er noch Satans Stimme: "Bald rollt auch des Müllers Kopf da herein!"
Da ergriff ihn höllische Angst. Am nächsten Tag lief er zu den Bauern ins Brühl und bat um Hilfe. Die schreckte auch der Teufel nicht. Sie kamen mit Knüppeln und Dreschflegeln und lauerten den Kumpanen auf. Als die beiden die Säcke mit dem schaurigen Inhalt schleppten, hagelte es feste Hiebe und der Fuhrmann blieb bald tot liegen.
Der Teufel aber, den man nicht so schnell umbringen kann, packte den Toten, warf ihn auf den Wagen und fuhr in Windeseile davon.
So ward der Müller erst sein böses Weib und dann die höllischen Geister los.
Seine Mühle hieß fortan Schädelmühle.
Warum in der Höll' ka anziger Bäck z'finden is'
Ein Schwank, erzählt von Karl Liebleitner in: Das deutsche Volkslied"
Amal hat da Ober-Teufl in da Höll' nachg'schaut, was für Professionisten da unt'n schon brat'n, g'setzterweis', dass ma oan brauchat. Und siagst as, alle war'n scho do, nur Müllner und Bäck'n ham g'fehlt. Drum schickt er sein Gspan aufi nach Mödling, weil's durt a Menge gibt, er soll oan hol'n.
Der hat aber no nia koan g'seg'n, drum fragt er, wie's denn ausschaun. "Mein God," sagt der Ober-Teufl, "alle san schneeweiß, und die Müllner find't ma' gern ban Bach."
Damit geht der Teuf suach'n, siacht aber koan, denn alle war'n in d'Wirtshäuser. So kummt er bis in die Brühl, da grast nebman Bach a alter Schimmel.
"Wart', da steht scho' aner," sagt er und geht auf eam zua. Der Schimmel war aber a bissig's Luder, und wie der Teufl nach eahm g'längt, dawischt er'n sauber bei der Hand.
"Ei," sagt er und wischt sich's Bluat weg, "hint'n kannst nit beiß'n", und packt'n ban Fuaß. Da Schimmel aber schlagt aus und trifft'n auf d' Kniascheib'n, dass er heut' no hinkt. Wie er dann laar in d' Höll' z'ruckhatscht, geht eahm der Satan entgegen und greint: "Bist a dummer Teufl! Nit amal von Mödling bringst an. Durt san's do alle Hausherrn,
und dö halt' ma' mit an doppelten Latsal."
Seit der Zeit kummen alle Müllner und Bäck'n in Himmel. No ja, durt san halt a unterschiedliche Leut'.
Der Geist bei der Theatervorstellung in Mödling
Vor Zeiten feierte man im alten Markt Medling ein Fest, zu dem auch ein kaiserlicher Kommissarius geladen war.
Die Stadtväter hatten ihr Bestes aufgeboten, und eine erlesene Spielschar stand auf der Bühne.
Plötzlich trat während des Spieles eine fremde Gestalt in den Saal und schritt lautlos durch dessen Mitte.
Der Fremde trug das Haupt unter dem Arm. Blutspuren waren auf dem Hals und dessen Spitzenkrause zu sehen. Weiter glitt das Gespenst zur Bühne, wo eines Ratherrn Töchterlein eben seinen Spruch sagte. Niederkniete der Unheimliche, legte die Hand aufs Herz und reichte dem Mägdlein seinen Kopf dar. Da schrie diese laut auf und sank zu Boden.
So fand das Spiel ein jähes Ende.
Es heißt, der Herr Kommissarius sei höchst ungnädig gewesen und habe dem löblichen Rat des Marktes eine grobe Rüge erteilt, weil er das Ganze nicht für einen Spuk, sondern für Unfug gehalten hatte.
Die drei Frauen auf dem Frauenstein
Südlich des Klausentales, durch das der Mödlingbach braust, erhebt sich der Frauenstein. Da oben hausten in grauer Vorzeit drei seltsame Frauen: Großmutter, Mutter und Tochter. Die Älteste hatte eine Hütte unter der Erde,
die Mittlere hauste im Grünen und die Jüngste wiegte sich frank und frei wie ein Vogel im Baum. Alle drei Frauen spannen. Die Bewohner zu Medeling wussten um die drei, näherten sich aber nur der Mutter; die gab gar manchen guten Rat.
Die Junge war zu hoch am Himmel und die Alte zu tief in der Erde.
Da kamen eines Tages drei Wanderer aus fremdem Land, die wollten um die Frauen freien; ein Großvater, ein Vater und ein Sohn: Arzt, Jägersmann und Sänger. Sie fanden den Berg, die Hütten, und die drei Seltsamen. Die eine grub, die andere spann, die dritte sang. Die Männer fanden Gefallen an ihnen und baten, drei Tage bleiben zu dürfen. Der Arzt grub mit der weisen Frau nach Wurzeln und Heilkräutern, der Jägersmann half in der grünen Hütte und der Sänger sang mit der Jüngsten Liebeslieder im Geäst des Baumes. Zauberisch schön war es bei den Frauen, und die Gäste blieben drei mal drei Tage. Nun brachten die Freier ihre Werbung vor, aber siehe da, die Großmutter redete sich auf die Tochter aus und die Jüngste auf die Mutter. So wurden Arzt und Sänger nicht einig.
Der Jäger aber fand Erhörung und feierte alsbald Hochzeit.
Als sie von dieser heimkamen, fehlten die zwei anderen Frauen. Traurig machten sich Arzt und Sänger auf die Suche nach ihnen. Verändert war alles im Tale, gealtert der Menschen Antlitz. Nicht dreimal drei Tage, nein, — dreimal drei Jahre hatten sie auf dem Berg bei den Frauen verweilt.
In dieser Sage finden wir das uralte Motiv von den drei Schicksalsgöttinnen. Sie bedeuten Geburt, Hochzeit, Tod, auch Vergangenheit, Werden und Zukunft. Damit er nicht verdorre, begießen sie den Götterbaum. Oft wohnen sie im Wasserberg am See. Die Sage berichtet auch, dass am Fuße des Freynsteins ein großer See gewesen sei, ebenso in der Brühl.
Die Sage von den drei Frauen wird auch in Verbindung mit dem Mond- und Sonnenkult gedeutet.
Die drei Hunde auf dem Dreistundenweg
Von Robert Eder
An den Hängen des Kapuzinertisches entlang gegen die des kleinen Anningers, den der Husarentempel krönt,
zieht sich, herrlichen Rundblick gewährend, der Dreistundenweg.
So lieblich es aber hier oben ist, kann doch böser Spuk einen schrecken. Drei schwarze Hunde trollen plötzlich hinter dem Wanderer her mit glühenden Augen und heraushängenden roten Zungen, scheußlich anzusehen. Wild ist ihr Geschnauf und drohend ihr Blick. Bleibt man stehen, stehen sie auch, läuft man aber, so verfolgen sie einen, bis man zusammenbricht.
K r e u z e n muss der Wanderer ihre Richtung, und quer in den Wald. Dann wird ihm Erlösung von den Gespenstern, und winselnd verschwinden sie.
Eine ähnliche Sage gibt es in Windigsteig. Es handelt sich hier um Tierdämonen.
Die Riesenfamilie auf dem Anninger
In grauer Vorzeit lebte auf dem Anninger eine Riesenfamilie. Die war ein wildes und hoffärtiges Geschlecht voll Rohheit und Tücke. Die Bewohner Mödlings waren durch sie an Leib und Leben bedroht. Einmal feierten die Unholde wieder ein großes Gelage. Sie fingen zu ihrer Belustigung ein Bäuerlein und wollten es lebendigen Leibes braten.
Der Bauer aber schrie und verfluchte seine Peiniger im Namen Gottes und der Menschheit.
Da brach Feuer vom Himmel, der Berg erbebte und aus seinem Innern drang ein Wasserstrom in breiten Massen zu Tal, Felstrümmer mit sich führend und Bäume entwurzelnd. Der Bauersmann ward wie durch ein Wunder gerettet, das böse Riesenpack aber ging zugrunde. Das Tafelgeschirr der großen Gesellenschwamm mit den Wassern bergabwärts und ist heute noch auf dem Frauenstein zu sehen.
Tatsächlich wurden dort Tonscherben gefunden, Reste von Gefäßen aus der Hallstattzeit.
Die Sage vom Riesen Bockerlfraß auf dem Anninger
Auf dem Wege zum Anninger steht die Breite Föhre. Ein Wahrzeichen ist sie für unsere Gegend.
Als der Anninger noch ein wilder, unzugänglicher Forst war und nur ein schmaler Saumpfad auf seinen Gipfel führte, hauste unter der Breiten Föhre ein Riese.
Scheu wichen ihm die Holz- und Beerensammler aus, und er selbst, Herr des Waldes, warf Steine gegen die Eindringlinge in sein Reich. Einmal aber ward sein Herz weich. In ein gar schönes Hauermädel aus dem Markt zu Medling hatte er sich
verschaut. Nun nahm er die Weinende und sich Sträubende bei der Hand und führte sie in sein Höhlenreich unter dem großen Baum. Gold und andere Schätze gab es da in Mengen, und noch mehr versprach der Gewaltige, wenn das Mägdelein sein Weib werden wolle. Aber die Holde weinte, war sie doch schon mit einem schmucken Hauersohn versprochen.
Nach vergeblichem Zuspruch wälzte der Riese einen schweren Stein vor den Höhleneingang, der nur einen Streifen Himmelslicht hereinließ, und stürmte ins Freie, grollend ins Tal blickend. Dem Mägdelein aber näherte sich ein Eichkätzchen, das alles mitangehört hatte. Ein Tuscheln und Wispern hob an und unterdrücktes Kichern war zu hören.
Als der Riese zurückkam, zeigte sich die Maid willfähriger und stellte folgende Bedingung: "Holt dir binnen drei Tagen niemand ein Bockerl von der Breiten Föhre, so werde ich dein. Fehlt dir aber auch nur ein einziges, musst du mich heimlassen zu Vater, Mutter und Bräutigam."
Es war eine grimmige Wacht, die der Alte unter seinem Baum hielt. Niemand durfte sich nähern, in weiten Umkreis ging der Steinhagel nieder. Nach drei Tagen aber breitete der Unhold seine Arme aus: "Nun bist du mein. Kein Mensch kam in die Nähe, niemand stahl von des Baumes Frucht." "Niemand? O doch jemand," zischt und kicherte es oben. Die Eichkatz irrlichtert hämisch von Ast zu Ast, und ein Regen von abgenagten Zapfenspindeln geht aus des Riesen Haupt nieder, schier ohne Ende. "Du hast die Wette verspielt!" ruft das Mädel und entspringt leichtfüßig.
Und "Bockerlfraß!" ertönt es von weitem neckisch am Kreuzweg. Da schleudert er wild Stein um Stein ins Tal und ist der Weg zur Breiten Föhre heut' noch voller Geröll. Wehe dem aber, der in einer Sturmnacht den Namen "Bockerlfraß" im Bereich des alten Baumes nennt! Eine Riesenfaust dreht ihm das Genick um.
Anmerkung:
In der älteren Überlieferung findet sich die Sage als "Der Eichelwart aus dem Anninger."
Ursprünglich war der Anninger mit Eichen bestanden, an seinen unteren Hängen wurden diese später von den Schwarzföhren verdrängt.
Die Mödlinger machten den Eichelwart zum Bockerlfraß und ließen ihn ihre geliebte Breite Föhre bewachen.
Interessant ist die Gestalt des Eichhörnchens.
Die germanische Sage erzählt, dass das Eichhörnchen Ratatöskr am Stamme der Weltesche auf und nieder läuft. Drei Nornen begießen den Baum, denn die Götter leben, solange er lebt.
Die Eichkatz ist dem Gott Thor geweiht. Dieser schützte Loki vor Sturmriesen, die ihn auf Geheiß des Riesen Tiassi verfolgten, dem er die schöne Idune entführt hatte.
Auf dem Anninger gab es auch Hexen.
Bild: Ratatöskr in der Weltenesche Yggdrasil. Aus einer isländischen Handschrift des 17. Jhd.
Der Hexensitz am Anninger
Am kleinen Anninger, oberhalb des Kientales, trifft man auf ein altes Gemäuer, im Volksmund "Hexensitz" genannt. (In Wirklichkeit ein verfallener Kalkofen.)
Dort sollen in der Zeit, als die Brühl noch wenig bewohnt war und noch viel mehr Wald, Wiesen und Sümpfe hatte, Hexen gewohnt haben.
In mondhellen Nächten kamen sie oft ins Tal herunter, führten ihre Tänze auf und trieben allerhand Spuk. Besonders in der Walpurgisnacht soll es nicht geheuer gewesen sein.
Am Eingang ins Kiental steht die alte Höldrichsmühle. Der Müller wurde einmal im Traum gewarnt. Die Mühle könne jeden Abend stille stehen, nur in der Walpurgisnacht müsse das Rad klappern, um die Unholde zu vertreiben.
Stünde das Rad still, so kämen die Hexen, um die Mühle anzuzünden. Aus Angst, dass der Traum Wahrheit werden könnte, mahlte der Müller sein Leben lang immer die Nacht auf Walpurgis durch.
Die Sage vom Pfennigstein
Diese Sage ist der Genovevasage* nachgebildet
Lebte einstmals auf der Burg Medling eine gute Gräfin, geliebt von den Armen und Kranken im Brühl. Gab viel elendes Volk da unten im Tal. In kleinen, schmutzigen Hütten mit rauchgeschwärzten Stuben wohnten sie. Oft stieg die holde Frau den steilen, schmalen Pfad herab mit einer Dienerin, die Brot und Fleisch im Korbe trug, und wurden die beteilt, denen Hilfe am meisten nottat, besonders aber die Bresthaften.
Da geschah es, dass eines Tages der Graf fort ritt in den Krieg ins heilige Land und die Burg in Obhut eines Vogtes zurückließ. Dieser aber war böse von Herzen und trachtete nach der schönen Gräfin. Die jedoch liebte ihren Gemahl und wies den Verführer ab. Da ließ er sie ergrimmt ins Verließ werfen, indem er Böses wider sie vorbrachte und ihr die eigenen hässlichen Absichten zuschob. Ein der Guten aber dankbares und treu ergebenes Mägdlein beschloss,
sie zu retten.
Als der schlechte Vogt in tiefem Rausche am Tische lag, entwendete ihm die Magd sachte den Schlüsselbund und befreite die Herrin. In tiefer Nacht flohen sie durch den dichten Wald und suchten Zuflucht unter dem heutigen Matterhörndl. Durch Jahre lebte die Gräfin hier in Einsamkeit, von Beeren und Wurzeln sich nährend, manchmal besucht und betreut von ihrer Retterin.
Als der Graf von dem Kriege heimgekehrt, erzählte ihm der betrügerische Vogt von der vermeintlichen Untreue der Herrin und sagte, er habe sie aus der Burg gejagt. Da rief der verblendete Mann aus: "Vergessen sei die Schändliche, nicht einen Pfennig ist sie mir wert!"
Einmal im Spätsommer ritten Burgherr und Vogt auf die Jagd, dem Matterhörndl zu. Da stieg ein arges Gewitter auf. Obwohl es noch früher Nachmittag war, brach Finsternis herein. In der Höhle unter dem Matterhörndl wollten die Männer flüchten, da zuckte eine Feuerschlange auf, alles erhellend, dass der Vogt ächzend zusammenbrach.
Aus der Höhle aber trat eine bleiche Gestalt in zerschlissenem Gewande, eingehüllt in langes Blondhaar, das über Schultern und Rücken bis zu den Knöcheln floss. Aufwimmert der Bösewicht und gesteht seine Untat ein, sterbend Verzeihung erflehend. Der Graf aber kniet, Vergebung heischend, in Reue vor seiner Gemahlin nieder und führt sie heim in die Burg.
Der Fels, unter dem die Gräfin so lange verborgen gelebt, hieß von da ab der "Pfennigstein."
In anderer Fassung der Sage zog der Ritter nicht in den Krieg. Ein heuchlerischer Freund verleumdete die Gräfin bei ihrem Gemahl anlässlich eines Gelages.
Die Unschuldige kam ins Burgverlies, der Ritter aber rief beim Mahl in Trunkenheit aus: "Für einen Pfennig ist mein Weib jeden feil!" Da legte der verleumderische Schurke einen Pfennig auf den Tisch und der Burgherr war mit dem Handel einverstanden. Doch ein getreuer Knecht entführte heimlich die Herrin.
Der Volksglaube berichtet, dass, wer durch den Spalt des Matterhörndls kriecht, im selben Jahr weder an Rheumatismus noch an Kreuzschmerzen erkranke.
*Inhalt der Genovevasage in Kurzform:
Als Siegfried (als Gefolgsmann des Königs, ggf. Karl Martells) in den Krieg zog, wurde Genoveva durch Siegfrieds Statthalter Golo begehrt, dessen Werben von der treuen Genoveva verschmäht wurde. Daraufhin beschuldigte er Genoveva fälschlicherweise des Ehebruchs und verurteilte sie zum Tode. Vom Henker wurde sie jedoch verschont und frei gelassen. Darauf lebte sie mit ihrem neugeborenen Sohn sechs Jahre lang in einer Höhle, in welcher die Gottesmutter Maria sie mittels einer Hirschkuh versorgte. Schließlich fand ihr Ehemann Siegfried, der stets an ihre Unschuld glaubte, sie wieder und errichtete zum Dank für Genovevas Errettung die Wallfahrtskirche zu Fraukirch.
Bild: Genoveva — Radierung von Hugo Bürkner, 1854, nach einer Zeichnung von Julius Hübner, 1806 - 1882
Der Großmutter Fluch
oder
Die Pfennigburg
Viele Jahre vorher, da der Husarentempel noch nicht erbaut war, stand auf der Bergspitze nebenan eine kleine, alte Burg. Die Rittergeschlechter wechselten als Besitzer.
Einmal herrschte dort ein grausamer Ritter namens Boleslav. Er fluchte und schimpfte den ganzen Tag und quälte seine Leute, wo er nur konnte. Dabei war er geizig und scharrte jeden Pfennig zusammen. Bei ihm sollten, wie es damals Brauch war, Ritterknaben das Ritterhandwerk erlernen. Auch Fridolin, ein vaterloser
Knabe, der von seiner Großmutter erzogen worden war, machte als Page dort Dienst.
Die Mutter Fridolins war eine edle, gute Frau, aber unheilbar krank und musste große Schmerzen leiden. Ärzte gab es damals wenige, auch waren sie für arme Leute nicht zu haben, und alle Kräuter und Hausmittel, wozu die Leute rieten, halfen nichts. Da kam eines Tages ein graues Männlein in die Stube der Schwerkranken. Es lächelte geheimnisvoll und meinte, es wüsste schon ein Mittelchen, welches die Kranke gesund machen würde. Es sei die Leber eines Bibers, der in einer Vollmondnacht erlegt werden musste.
Biber gab es damals nur noch selten in der Brühl. Weil sie einen kostbaren Pelz hatten, waren die Tiere von ihren Jagdherren sehr geschätzt, und es standen schwere Strafen darauf, wenn ein solches Tier von einem Nichtberechtigten erlegt wurde.
Fridolin erfuhr ebenfalls von dem angeblichen Heilmittel. Er war ein guter Sohn und wollte seiner Mutter helfen, ja für sie alles wagen. In einer Vollmondnacht schlich er sich von der Burg weg. Er wusste aus seinen Kindertagen einen Biberbau und es gelang ihm auch, den Biber zu töten. Gleich machte er sich daran, die Leber des Tieres herauszunehmen, um sie seiner Mutter zu bringen. Der misstrauische Burgherr Boleslav hatte das Verschwinden des Knaben bemerkt.
Er war ihm nachgegangen und überraschte ihn nun beim Ausweiden des Tieres. Unter Schlägen wurde Fridolin in das Burgverlies geworfen und sah seinem Tod entgegen.
Die arme Mutter starb vor Schreck. Die Großmutter humpelte hinauf zur Burg und bat herzzerreißend um das Leben des Knaben. Höhnend verlangte der grausame Burgherr hohes Lösegeld. Das konnte das arme Weib nicht aufbringen. Als ihr Bitten fruchtlos blieb, verfluchte sie in ihrem Schmerz den Ritter
und sein ganzes Geschlecht. Sie würden verarmen und niemand würde Mitleid mit ihnen haben.
Der Großmutter Fluch ging in Erfüllung. Nicht ein Stein ist von der ganzen Herrlichkeit übriggeblieben.
Der Vogel Udl
Auf dem Schlossberg bei Mödling ruft der Vogel Udl. Unheimlich und heiser tönt sein Ruf. Schier grausen tut einem bei dem unheilverkündenden Gekrächz.
Niemand vermag das Getier zu verscheuchen, niemand wagt es, es zu töten. Immer wieder kehrt er zurück. Und seine Stimme verkündet Krieg und Hunger, Krankheit und Tod.
Bild: ©Prof. Mag. Karlheinz Pilcz
Wie die Feste Liechtenstein zu ihrem Namen kam I
Auf der Feste Enzersdorf bei Mödling lebte der Burgherr von Arenstein mit seiner Nichte, dem lieblichen Fräulein Anna von Wagau. Da geschah es, dass eines Abends der kleine Burggeist, ein niedliches Zwerglein, erschien und dem Gebieter des Schlosses einen leuchtenden Edelstein überreichte mit der Weisung, diesen auf der höchsten Zinne anbringen zu lassen, damit er weit ins Land hinausleuchte. "Bald," so sprach der Gnom, "wird Jubel in diesen Hallen sein."
Schon nach einigen Tagen begehrte ein fremder, stattlicher Ritter Einlass auf der Feste und wurde gastlich aufgenommen. Es war Otto von Liechtenstein aus der Steiermark. Alsbald freite er die schöne Anna. Da ging es hoch her in der Felsenburg, und mitten im Feste öffneten sich die Flügel der Saaltür und herein drängte viel kleines Volk, Zwergenmännlein und-frauen, und sie spielten und tanzten und sangen gar fein und belustigten die Gäste. Als sie verschwanden, erlosch der Stein auf der Zinne.
War ja von nun ab ein Liechtensteiner selbst im Haus und sein Name fortan rühmlich verknüpft mit der Geschichte der Burg.
Die Bergmanderln auf dem Liechtenstein
Auf dem Liechtenstein trieben sich früher allerlei Berggeister umher. Besonders zur Vollmondzeit spielten und tollten sie auf den herrlichen Wiesen da oben und trieben allerlei Schabernack. Hui, war das ein Gepurzel und Gekoller im gleißenden Mondlicht! Manchmal schleppten die Zwerglein einen goldenen Schuh über die Wiese.
Einmal hatte sich ein Mädchen im Walde verirrt und stand am Rande der großen, schönen Wiese, da sah es das kleine Volk laufen und spielen. Es meinte, es wären Kinder und lief eilig hin. Da waren die Kleinen auch schon verschwunden.
Ein schwarzes Hündlein aber stand im Schatten und heulte jämmerlich. Tröstend wollte das Mädchen das Tier streicheln, da bemerkte es mit Entsetzen, dass dasselbe zu Stein geworden war.
Wie die Burg Liechtenstein zu ihrem Namen kam II
Vor Zeiten gruben einmal Leute nach Schätzen, und einer von ihnen fand einen gar wunderbaren Stein. Sein Funkeln und Leuchten glich dem des Mondes und der Sterne; er soll so hell wie die Sonne gestrahlt haben. Viele wollten ihn besitzen und endlich erstand ihn ein reicher Mann um eine große Summe.
Mithin gelangte der, der ihn gefunden, auch zu Reichtum. Er erbaute an dem Fundort eine prächtige Burg und nannte sie Liechtenstein.
Der Lagerstein am Rauchkogel bei Enzersdorf III
Auf dem Rauchkogel stand in alten Zeiten eine Burg, ein rechtes Felsennest.
Es war zur Zeit der Kriege mit den wilden Ungarn. Vor der Burg befand sich ein Lager und aus diesem ritt durch drei Jahre ein Ritter mit seinem Gefolge gegen den Feind im Osten. Der Ritter und die Tochter des Burgherrn waren einander gut.
Der Burgherr aber wollte von einer Verbindung der beiden nichts wissen.
So trafen sie einander heimlich, wenn der Alte zur Jagd ritt. Ein Feuerchen an einem Auslug war das Zeichen, und der Ritter stieg zu dem Fräulein empor.
Eines Tages aber verriet ein vertriebenes Bettelweib aus Rache das Paar.
Der Burgherr lauerte ihnen auf und warf den Jungen über die Mauer.
Die Maid, die ihren Vater von der Gewalttat abhalten wollte, kam dem Feuer zu nahe und stand alsbald in hellen Flammen. Sie, aber auch die anderen Inwohner der Burg und diese selbst waren nicht mehr zu retten. Nur eine Rauchsäule kündete von dem Vergangenen, ein schwarzer Hund umschlich die Brandstätte, aus der man des nächtens Wimmern und Klagen hörte.
Der junge Ritter aber, der unversehrt geblieben war, erbaute sich gegenüber dem Rauchkogel eine Burg.
In ein Fenster, von dem man zur Unglücksstätte blicken konnte, stellte er ein Kruzifix, vor dem Tag und Nacht Kerzen brannten. Seine Burg nannte er Liechtenstein.
Als mit dem Tod des Ritters das Sühnelicht erlosch, verschwand auch der Spuk auf dem Rauchkogel.
Der Wassermann und der Fischer
Der Mödlingbach war ehemals tief und breit und barg auf seinem Grunde das Schloss des Neck.
Auch ein Fischer sah einmal den Wassermann. Dieser ging am Bach spazieren. Er war nicht größer als ein Pferd und trug grüne Hosen und grünen Rock. Das ungekämmte Haar hing ihm ins Gesicht, und sein eisgrauer Bart reichte bis zu den Knien und war ganz mit Moos und Schilf durchflochten.
Neugierig kam der Fischer näher. Da sprang der Neck rasch ins Wasser und tauchte unter.
Er lauerte aber auf das Menschenkind und steckte von Zeit zu Zeit den Kopf aus dem Wasser, um zu sehen, ob der Fischer noch da sei.
Plötzlich sprang er wieder aus der Flut und wollte sein Opfer packen. Wäre der Fischer nicht ganz schnell gelaufen, hätte ihn der Wassermann in das kühle Nass gezogen.
Bild: ©Prof. Mag. Karlheinz Pilcz
Der Wassermann im Mödlingbach
Im Mödlingbach zeigte sich vor Zeiten manchmal der Wassermann. Plötzlich tauchte er auf und versuchte Kinder und Erwachsene ins Wasser zu ziehen.
Recht schiach war er anzusehen mit moosgrünem Haar und Bart.
Einmal ging er neben dem Bache spazieren. Es war grün gekleidet und trug hohe Wasserstiefel. Da kam ein Mädchen über die Wiese und pflückte Dotterblumen. Der Wassermann, der wie alle Wassergeister Sehnsucht nach Menschen hatte, redete das Mägdlein freundlich an und versprach ihm wundersame Blumen, wenn es ihm weiterhin am Bache folgen wolle. Arglos wollte das Kind mitgehen. Da kam ein Hauer des Weges und rief: "Um Gottes Willen, siehst du denn nicht, dass dies der Neck ist!" Zu Tode erschrocken floh das Mädchen.
Der Wassermann konnte es nicht verfolgen, denn er war schon zu lang am Ufer herumspaziert und ausgetrocknet, so dass er keine Gewalt mehr über Menschen besaß. Und mit grimmem Fluch tauchte er im Gewässer unter.